Fallstrick: Wohnungsrecht als Dienstbarkeit im Grundbuch

👉 Es ist im allgemeinen Verständnis zwar bekannt, dass ein in Ab.II des Grundbuchs eingetragenes Wohn(ungs)recht bestimmte Rechte für die eingetragene Person mit sich bringt. ....also, dass es NUR allein für den Berechtigten gilt, es nicht übertragbar ist und das es mit dem Tod des Berechtigten erlischt!  Nun, weit gefehlt! Das kann so sein - muss aber nicht immer zutreffen. Es gibt Ausnahmen und die können teuer werden!


Der Fall: Hass de schon geheert, de Maddias hot a Haus gekaaft - subber billisch!

  • Enn Makler brauch der nedd, sacht de Maddias.
  • Die schlieese doch nur die Dürr uff, unn stecke sich enn Haufe Geld in de Seckel, sacht de Maddias. 
  • ...do is nur noch a Wohnrecht für denne ihr Omma eigetrache, deshalb wor´s billischer! sacht de Maddias.


Zwei Jahre später:

  • Kall, hos´de schun geheert: De Maddias hot nur Ärcher mit seim neue Haus. 
  • Die Omma is ins Fleeescheheim komme, unn de Sohn von de Omma hatt die Bud (im OG) an ganz eklische Leut vermiet, die de ganze Tach Krach mache.
  • De Maddias hat gesaat: Dess derff der gar nedd, Owwer so´n eklische Frankfurter Anwalt hot des beim Gericht durchgesetzt. 
  • Jetz' hot der kaa ruhig Minute mehr in soim eigene Haus! .... un die Diaaana flennt nur noch!

 

👉 Beim Hauskauf hatte Matthias sich schlau gemacht und im Internet nach "Wohnrecht" gegoogelt. "Persönliches Recht, nicht übertragbar oder vererbbar" stand dort. Den feinen Unterschied zwischen der Dienstbarkeit "Wohnrecht" und "Wohnungsrecht", welches tatsächlich im Grundbuch stand, hat er nicht wahrgenommen. Daher nahm Matthias an, sie erlischt mit dem Tod der Berechtigten, also Oma Friede. (Was ja auch stimmt). Damit war er zufrieden, mit Oma Friede kam er toll aus. Also dachte er an nix böses und kaufte das Haus für sich und seine Frau. Die im Grundbuch  in Abt. II aufgeführte Urkunde zum dort eingetragenen Wohnungsrecht wurde aber nie eingesehen. Ein großes Versäumnis!   ..und alles nur wegen vier banalen Buchstaben! 


Die Fakten:
✅  Im allgemeinen Sprachgebrauch werden jedoch „Wohnrecht“ und „Wohnungsrecht“ oft als Synonym verwendet. Juristisch sind dies aber zwei paar Schuhe!  Das birgt Risiken.  

✅  Ein Wohnrecht berechtigt "nur" zur Mitbenutzung einer Immobilie.  Das Wohnungsrecht hingegen berechtigt zur alleinigen Nutzung der Wohnung für die eingetragene Person. Es kann, neben der alleinigen Nutzung der WHG, auch zusätzlich noch weitere umfassendere Nutzungsrechte enthalten z.b. auch das Recht zur Vermietung. Dies muss allerdings explizit im notariellen Vertrag zur Dienstbarkeit geregelt sein.  

✅  Allgem. Rechtsauffassung ist zwar, dass auch ein Wohnungsrecht regelmäßig als höchstpersönliches Recht für die eingetragene Person anzusehen ist, das keine Untervermietung erlaubt. (Das ist der Standardfall.) Es sei denn, die Vermietung ist ausdrücklich im notariellen Vertrag zu dieser Dienstbarkeit geregelt. JA, dies ist die Ausnahme für ca. 20% aller Fälle! Aber eine folgenschwere, wenn sie existiert. 

  

Das Fazit:
Dass Matthias sich gekümmert hat, ist nachvollziehbar, dass er Geld für einen Experten sparen wollte, ist menschlich. Dass er weder einen Juristen noch einen kompetenten Makler gefragt hat, ist ein persönliches Desaster! Was folgt, ist ein empfindliches Nachspiel für Matthias und seine Frau, da sie die Untervermietung der Wohnung im OG - in ihrem eigenen Haus - erdulden müssen, solange Oma Friede im Pflegeheim lebt. Hier dürfen Sie vor Gericht nicht auf Milde hoffen. Dieses Beispiel steht symbolisch und hat mehrere Varianten.  

👉 Ein wirklich guter Makler, MUSS eine solche Dienstbarkeit genau prüfen und bewerten! Ja, er muss dies mit beiden Seiten - seinem Verkäufer und seinem Käufer als Kunden - transparent offenlegen und sachkundig besprechen und beide Vertragsparteien (Käufer und Verkäufer) über Vor- & Nachteile einer Immobilie aufklären!  (Leider, leider wird das auch bei vielen Maklern nicht ausreichend erwähnt, u.a. weil das natürlich eine massive Belastung/Wertminderung ergibt. Zielführend ist das am Ende nicht.) 

  👉  Jedes Haus hat Licht und Schatten, ein Profi weiß damit ehrlich umzugehen. Am Ende des Tages spart ein sachkundiger Makler Ihnen viel Ärger, Zeit und auch Geld. 


Lösung zum Fallstrick: 

✅ Im Grundbuch die Abt. II beachten. Bei persönlichen Dienstbarkeiten sehr genau hinsehen und einen Experten hinzuziehen. 

✅ Mein Tipp! Es ist ganz einfach, das Problem zu kapseln: Lassen Sie sich unbedingt eine Kopie der Urkunde zum eingetragenen Wohnungsrecht geben. In dieser Urkunde sind alle Details und Nutzungsrechte geregelt! Dann wissen Sie, was sie kaufen und können den fairen Wert bestimmen. Hand auf´s Herz: Hätten Sie daran gedacht, sich auch die Urkunde zur Dienstbarkeit anzuschauen? 


👉 Abschliessend die konkrete Auflösung zu unserem Fall:  In der alten Urkunde zum Wohnungsrecht von Oma Friede wurde explizit vertraglich vereinbart, dass eine Vermietung zulässig ist und Oma Friede diese Mieteinkünfte zustehen. Nur deshalb durfte der Sohn von Oma Friede (natürlich nur mit deren Vollmacht) die WHG an eine Familie vermieten, um damit die Pflegekosten abzumildern. ...und all den jahrelangen Ärger wegen vier banalen Buchstaben!